Stellungnahme der Vereinigten Altstadtleiste zur zweiten Tramachse

Die Vereinigten Altstadtleiste (VAL), der Zusammenschluss aller fünf Altstadtleiste, nehmen gerne die Möglichkeit zur Stellungnahme zur zweiten Tramachse wahr.

Bedeutung einer zweiten Tramachse

Mit der Umstellung der Buslinie 10 nach Ostermundigen auf Trambetrieb soll die Buslinie 12, die Lebensader der unteren Altstadt, nicht mehr via Markt- und Spitalgasse, sondern neu via Amtshaus- und Schauplatzgasse zum Bahnhof verkehren. Nicht nur wird dies die bereits heute relativ lange Fahrzeit zum Bahnhof verlangsamen, sondern auch die heutige Durchbindung in Richtung Inselspital und Holligen verunmöglichen. Die Verlegung und Einkürzung der Buslinie 12 wird daher von den VAL entschieden abgelehnt. Umso wichtiger ist deshalb, dass mit der Eröffnung der Tramlinie nach Ostermundigen zeitnah eine zweite Tramachse zur Entlastung der bestehenden Achse durch Markt- und Spitalgasse zur Verfügung steht. Prioritär ist dabei, dass die zweite Tramachse redundant zur bestehenden Achse ist und diese möglichst stark entlasten kann.

Beurteilung der Varianten

Die Variante 2 via Lorrainebrücke und Viktoriarain erschliesst zwar neue Quartiere mit dem Tramnetz, weist aber eine ungenügende Redundanz zur bestehenden Achse auf (bei Störungen müssten die drei Tramlinien von Süden über einen weiten Umweg erst via Kornhausbrücke zum Viktoriaplatz und dann via Lorrainebrücke zurück zum Bahnhof verkehren) und würde diese nur marginal entlasten, da sinnvollerweise nur eine der beiden Linien von Norden über die neue Achse verkehren könnte, um die Verbindung via Kornhausbrücke und Zytglogge aufrecht zu erhalten. Die Fahrgäste der verlegten Tramlinie
müssten zukünftig immer am Viktoriaplatz umsteigen, wenn sie direkt in die Altstadt zur Zytglogge oder zum Bärenplatz fahren möchten. Aus diesen Gründen sollte diese Variante alleine nicht weiterverfolgt werden. Sie könnte aber als spätere
Ergänzung zur Variante 3 durchaus sinnvoll sein.

Die Variante 1 via Speicher- und Nägeligasse schneidet bezüglich Redundanz und Entlastungswirkung besser ab, da hier wohl sinnvollerweise beide Tramlinien von Norden über die neue Achse verkehren könnten. Theoretisch wäre auch die Führung einer oder mehrerer der Linien von Süden möglich, würde aber durch die Umwegfahrt die Fahrzeit zum Bahnhof verlängern. Die Variante 1 bringt Herausforderungen in der Trassierung am Bahnhofplatz (Baldachin) und in der Speicher- und Nägeligasse mit sich, da hier die Platzverhältnisse relativ
beengt sind.

Die Variante 3 via Bundes- und Kochergasse schneidet bezüglich Redundanz (am nächsten zur bisherigen Achse gelegen) und Entlastungswirkung klar am besten ab, da hier alle drei Linien von Süden über die neue Achse verkehren könnten, und dies mit einer kürzeren Fahrzeit zum Bahnhof als heute. Da diese Achse die kürzeste Linienführung aller Varianten hat, wäre sie sowohl bezüglich Bau- wie Betriebskosten mit Abstand die günstigste Variante.

Auch städtebaulich weist diese Variante klare Vorteile auf, da sie sich optimal in die bestehende Struktur der Altstadt integriert und zu einer Aufwertung der Achse Bundes- und Kochergasse führt. Die VAL sprechen sich daher klar für die Variante 3 als Bestvariante aus.

Rahmenbedingungen der Variante 3

Es wird darauf hingewiesen, dass die Variante 3 verschiedene Probleme mit sich bringe. Diese gilt es detaillierter zu untersuchen und zu lösen, damit die Variante ihr volles Potential entfalten kann:

Engpass Knoten Hirschengraben Süd

Der Knoten Hirschengraben Süd ist bezüglich Gleisanordnung so auszugestalten, dass die beiden Tramachsen im Störungsfall unabhängig voneinander betrieben werden können. Auch eine Ergänzung der Variante 3 um neue Gleise via Belp- und Laupenstrasse (analog Variante 1 und 2) wäre denkbar, um den Knoten Hirschengraben Süd zu entlasten.

Längere Umsteigewege am Bahnhof

Die Umsteigewege am Bahnhof sind länger als bei den Varianten 1 und 2. Dieser Nachteil wird aber dadurch relativiert, dass die Haltestelle Hirschengraben zukünftig als Umsteigepunkt zum Bahnhof sehr an Bedeutung gewinnen dürfte. Ausserdem verkürzt die Variante 3 die Fahrzeiten von Osten zum Bahnhof so deutlich, dass die Gesamtreisezeit bis zu den Zügen voraussichtlich nicht länger wäre als bei den anderen beiden Varianten.

Kritische Verfügbarkeit wegen geplanten und ungeplanten Veranstaltungen

Damit die Variante 3 als zuverlässige Entlastung der bestehenden Tramachse dienen kann, müssen Sperrungen auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Hierzu ist zu untersuchen, ob Synergien zwischen dem Sicherheitskonzept der Bundesbauten und der neuen Tramachse realisiert werden können, indem die Tramachse in die sichere Zone integriert wird und bewilligte Demonstrationen diese nicht tangieren dürfen.

Verbindung der neuen Tramachse am Casinoplatz Richtung Norden

Damit die neue Tramachse als vollwertige Alternativroute im Störungsfall genutzt werden kann, muss am Casinoplatz zwingend in beiden Fahrtrichtungen eine Weichenverbindung in und aus Richtung Norden vorgesehen werden. Die Ausgestaltung dieser Gleisanlage ist vertieft zu untersuchen.

Die VAL sind überzeugt, dass sich die aufgeführten Nachteile mit den erwähnten Massnahmen beseitigen lassen und die Variante 3 somit die bestehende Achse am besten entlasten kann. In einer späteren Etappe könnte die Variante 3 dann sinnvoll durch die Variante 2 ergänzt werden.

Die VAL bedanken sich für die Möglichkeit zur Stellungnahme und bitten um Berücksichtigung ihrer Ausführungen.

Kramgassleist
Kesslergass-Gesellschaft

Leist der Untern Stadt Bern

Matte Leist

Rathaus-Brunngass-Leist

Bern, 30.09.2023

Nicola Schneller
Präsident Vereinigte Altstadtleiste

Andreas Willich
Vorstandsmitglied Vereinigte Altstadtleiste