Das Tor zur Kramgasse! Vor über 600 Jahren erklangen die ersten Stundenschläge der Zytglogge. Seither hat die Glocke über 34 Millionen Stundenschläge verkündet. Auch wenn die Zeitmessung heute ganz andere Dimensionen angenommen hat, schlägt die Glocke den Bernern wie eh und je die Stunden. Ihre spielerische Art, die Zeit zu verkünden hat keineswegs an Attraktivität verloren. Sie wird sowohl von Bernern wie auch von Auswärtigen immer wieder – und hoffentlich noch lange – bewundert.
Kein anderes Gebäude in Bern hat seit der Stadtgründung bis in die heutige Zeit einen so hohen Stellenwert bewahren können, wie der Zeitglockenturm. Als erster massiver Wehrturm bildet er das Tor zur Stadt und damit die Öffnung zur Aussenwelt. Mit der Erweiterung der Stadt rückt er mehr und mehr ins Innere, wird zum Gefängnis, zur Hoch- und Feuerwacht und nach dem verheerenden Brand von 1405 definitiv zum zentralen Uhrturm, dem Zytglogge. Die Glocke, die seither im neuen Turm die Stunden verkündet, wurde noch im gleichen Jahr durch Johann Reber aus Aarau gegossen. Sie war es, die dem Turm den heutigen Namen gab: Zytglogge.
Zur Zeitmessung gehörte auch ein Uhrwerk. Gleichzeitig mit der Glocke, wurde also auch eine Uhr mit einem Stundenschlagwerk eingebaut. Wie bei andern Kunstuhren diente es vorwiegend als Repräsentationsobjekt. Es gehörte zum Ansehen einer Stadt, technische Spitzenleistungen öffentlich zur Schau zu stellen und damit Bewunderung auszulösen. Nebst vielen astronomischen Indikationen konnte man beiläufig auch noch die Zeit ablesen. Dies war aber schwierig und überhaupt nicht angestrebt. Wichtig war die akustische Zeitangabe durch die Glocke. 1527 erhielt der damalige Waffenschlosser und Zeitglockenrichter, Kaspar Brunner den Auftrag, ein neues Uhrwerk zu bauen. Es stand von Anfang an fest, dass die Uhr grösser, schöner und kunstvoller sein musste als die alte von 1405. 1530 präsentierte Brunner den Bernern eine Monumentaluhr mit kunstreichem Figurenspiel und einem Räderwerk von gewaltigem Ausmass, wie es bis jetzt noch nie gebaut wurde. Heute läuft jede volle Stunde das beliebte und vor allem von Touristen viel beachtete Figurenspiel ab, es lohnt sich, dies vor Ort anzuschauen!
Text von Markus Marti, Zeitglockenrichter. Er und weitere Mitarbeiter ziehen täglich die Gewichte der 5 Uhrwerke von Hand auf und richten bei Bedarf die Uhr.